Historisches und Anekdoten:

Raubzug der Köpper im Jahre 1908

Das Holz war damals sehr knapp. Es wurde ja in den Häusern fast nur mit Holz gefeuert, und auch im Sommer mußte es im Küchenherd brennen, weil dort das Essen zubereitet wurde. So sammelten die Bewohner des armen Uplandes auch kleinere Äste als „Leseholz", um genügend Brennmaterial zu bekommen. Die Kinder begannen mit dem Holzschleppen für das Osterfeuer, wenn es Witterung und Schneelage erlaubten, bereits Ende Januar, damit zu Ostern genügend Holz vorhanden war. Im Jahr 1908 war nun ein Trupp Köpper am Stöckenberg unterwegs, um nach Osterfeuerholz Ausschau zu halten. Doch es war wenig zu finden, zumal die reinen Heidegebiete damals wesentlich ausgedehnter waren als heute. Hinter dem Osterkopf fanden sie nur ein paar „Liäbberbüschke", das waren kleine Buchenbüsche, an denen das braune Laub vom Vorjahr noch hing. Diese wurden stehengelassen und die kleine Gruppe begab sich unter Führung von Wilhelm Engelbracht –Schür- in Richtung Seere, wo in der Eimelroder Gemarkung eine Lärchenschonung ausgemacht wurde. Man fand etwas Holz am Boden, schonte aber auch die noch stehenden Bäumchen nicht. Am nächsten Tag erschien der Eimelroder Förster Gönner in der Usselner Schule. Er hatte irgendwie mitbekommen, dass die „Täter" aus Usseln waren. Lehrer Haase sollte sie nun ausfindig machen. Dieser rief den kleinen Karl Figge -Bunsen- nach vorne, der beim vorhergehenden „Raubzug" mit dabei gewesen war. Nach einigem Stottern blieb ihm schließlich nichts anderes übrig, als die Namen der Beteiligten Köpper zu nennen. Nun war es damals so, dass die Dörfer Eimelrod, Hemmighausen und Deisfeld in Waldeck als „Ausland" galten, weil sie als Enklave zu Hessen-Darmstadt gehörten. Im Waldeckischen wäre die Sache wahrscheinlich unter der Hand geregelt worden. Förster Gönner aber war ein strenger hessen-darmstädtischer Beamter und brachte die Sache vor das Amtsgericht Vöhl, das für die Enklavedöfer zuständig war. Alsbald kamen die Vorladungen zur Gerichtsverhandlung. Antreten mußten: Ludwig Stöcker –Mariegerdes-, Ludwig Jäger –Fähling-, Fritz Dietzel –Sänges-, Fritz Wilke –Keppels-, Friedrich Saure –Wilmes, Wilhelm Engelbracht –Schür und Karl Figge –Bunsen-. Als der Tag der Verhandlung gekommen war, fuhren sie mit ihren Vätern mit einem Pferdewagen nach Korbach und von dort mit der Eisenbahn nach Itter. Die Reststrecke bis Vöhl wurde zu Fuß gelaufen. Die Gerichtsverhandlung lief nun sehr ungünstig für die Usselner ab. Wortgefechte auf Hochdeutsch waren die Männer nicht gewohnt, so dass sie ihre Kinder kaum verteidigen konnten. So wurde jeder von ihnen zu der damals empfindlich hohen Strafe von 22,50 Mark verurteilt, wovon 15 Mark als Strafe galten und 7,50 Mark den Schaden ersetzen sollten. Ärgerlich und wütend wurde die Rückreise in`s Upland angetreten, und kaum einer der Beteiligten vergaß den Raubzug der Köpper im Jahre 1908. Karl Figge –Bunsen- der als damals 13-jähriger beteiligt war, scheint diese Aufregung aber nicht sehr viel geschadet zu haben, denn er starb erst in unserem Jahrtausend im gesegneten Alter von fast 106 Jahren. Ohne ihn wäre diese Geschichte in Vergessenheit geraten.